"Ägypten geht immer", heißt es ganz offensichtlich in verschiedensten Wirtschaftszweigen, wenn auch nicht immer in der Urlaubsindustrie. Betrachtet man aber nur den auf diesen Seiten besonders herausgestellten Filmbereich, stimmt das sicher. Selbst in Filmen, wo man es gar nicht erwartet, taucht zumindest der eine oder andere Verweis auf das Alte Ägypten auf, so zum Beispiel in der aktuellen Produktion Constantine, wo man einen flüchtigen Blick auf das Oberteil einer altägyptischen Götterstatue werrfen kann. Hollywood suhlt sich nur zu gerne in solchen Bezügen, die mit gelehrter Kennerschaft allerdings nichts zu tun haben.
"Ägypten geht immer." Insofern muß sich niemand Sorgen machen, daß sich plötzlich niemand mehr für das Land am Nil und seine lange Geschichte interessieren würde, daß die Ägyptologie-Institute der Universitäten aus diesem Grunde verwaisen könnten. Denn im Grunde denken Ägyptologen vielleicht auch aus diesem Grunde etwas elitär, wird doch ihr Fachgebiet nicht nur vom Kino sondern auch von allen populären Medien ausgeschlachtet. Das hat die Ägyptologie so mancher anderen Archäologie voraus. Welcher Film-Ausstatter wird schon zwei oder drei bandkeramische Becher in den Hintergrund einer Szene plazieren? Aber ein kleines altägyptisches Bootsmodell oder eine Götterstatue, so etwas geht immer.
Kann sich die Ägyptologie eigentlich ein solches Denken leisten? Bereits vor einigen Jahren begann man an den kleinen Instituten der Universitäten, zu denen die Ägyptologie nun einmal zählt, darüber nachzudenken, wie man die immer knapper werdenden Geldmittel aufstocken könnte. Da war und ist wohl nach wie vor die Rede von einer "Öffnung". Man möchte im Zuge von öffentlichen Veranstaltungen ein interessiertes Publikum in die Institute locken. Das gelingt durchaus, wie die zahlreichen "Freundeskreise" belegen. Ein Institut ohne Freundeskreis scheint mittlerweile undenkbar. Solche Zusammenschlüsse machen Sinn, zumal es hier um Geben und Nehmen geht, und zwar im positivsten aller Sinne. Hier wird nämlich gegen auch kleinste "Spenden" Wissen vermittelt und zwar nicht jene Pseudo-Gelehrtheit, mit der man in Film und Fernsehen auftritt, sondern Fachwissen.
Dennoch: Der Satz "Ägypten geht immer" birgt die Gefahr der Selbstüberschätzung. Als vor einigen Wochen die Mumie des Pharao Tutanchamun untersucht wurde, versprach man rasche Erkenntnisse. Die ganze Welt horchte auf und schien Anteil zu nehmen. Sogar als Deutscher konnte man stolz sein, wurde doch Siemens-Technik eingesetzt, um eine Computer-Tomographie der Mumie zu erstellen, die Aufschluß über die wahre Todesursache des jung Verstorbenen geben sollte. Wo aber sind die Ergebnisse? Sicher, sie werden kommen, und die Welt wird wieder aufschrecken, sobald die Schlagworte "Mumie" und "Tutanchamun" fallen. Hierzu bedarf es keiner Marketing-Strategie, genauso wenig wie Badeurlaub am Roten Meer intensiv beworben werden muß. Ägypten besteht jedoch nicht nur aus Tutanchamun, Mumien, einigen Tempeln und Stränden an einem warmen Meer.
Es gibt vieles, wofür nicht geworben wird - zum einen aus einem gewissen Dünkel (die eingefleischten Ägyptologen mögen dieses harte Wort entschuldigen!), zum anderen aus Dummheit oder vielmehr Ignoranz. Es ist einfach nicht wahr, daß sich Laien auch für die abseitigeren Dinge interessieren werden, sobald sie einmal den Weg in ein Museum gefunden haben. Laien bedürfen der Führung - ebenso wie Ägyptologie-Studenten, die sich auch nicht sofort für spätzeitliche Bronzen begeistern können. Man muß ihnen die Geschichten hinter der Geschichte schmackhaft machen. Dann werden auch die altägyptische Frühzeit, die Alltagsgegenstände und nicht das Gold oder die wechselvolle Geschichte aller Ptolemäer-Herrscher und nicht nur Kleopatra faszinieren. Gutes Marketing hat noch nie geschadet. Man muß sich nur darauf einlassen. Und vielleicht sollten Ägyptologen ab und zu doch auf dumme Fragen antworten, ja, mit klugen Antworten kontern und sich generell mehr gegen die Verfälschung altägyptischer Geschichte in populären Medien wehren. Vielleicht wird dann irgendwann auch das Abseitige und Abgelegene, aber dennoch Wahre der altägyptischen Kultur "gehen".
8. März 2005
Christine Fößmeier
Ich freue mich über Nachrichten und Hinweise und werde auch Anmerkungen gerne veröffentlichen! Kurzmitteilung bitte an egyptomania3000@aol.com. Danke!
zurück zum Archiv