Kein Königreich der Himmel

 

Weshalb eigentlich Filme? Weil Filme unsere Ängste und Sehnsüchte thematisieren.

Die Filme des Regisseurs Ridley Scott machen es deutlich: Es gibt kein ideales Zusammenleben zwischen den Menschen, schon gar nicht zwischen verschiedenen Rassen und Kulturen. Immer wieder thematisiert Scott das Problem, wenn der "weiße Westen" auf das ihm Fremde trifft - sei es eine auf das bedingungslose eigene Überleben ausgelegte Spezies wie die des Weltraum-"Monsters" Alien oder die nach Leben hungernden Replikanten ("Androiden") in "Blade Runner", die Somalis in "Black Hawk Down", von den Amerikanern "Skinnies" genannt, oder die Männer um Saladin in "Königreich der Himmel". Manchmal blitzt Edelmut auf, so auch in "Gladiator", wenngleich auch hier die Germanen mit wilden Barbaren gleichgesetzt werden.

Allein dieser geraffte Überblick des Schaffens Ridley Scotts verdeutlicht, worum es in seinen Filmen geht: die Darstellung des "Anderen" insbesondere in Form einer Konfrontation. Das "Andere" meint dabei nicht einfach etwas, was der jeweilige Betroffene, sei es eine Filmperson oder ein Filmbetrachter, als Gegenüber und daher anders als er selbst erfährt. Das "Andere" ist ihm fremd, und es steht außerhalb der engeren Welt seiner Erfahrungen, mithin außerhalb seinem kulturellen Umfeld. Daher kann es negative Empfindungen, die von Unsicherheit bis zur Angst reichen, auslösen. Männer können Frauen als bedrohlich und so als das "Andere" empfinden, ebenso wie vielen Christen die Welt des Islam unverständlich bleibt.

Diese Probleme werden häufig von Werken der Fiktion wie Büchern oder Spielfilmen thematisiert. Und eben auch in Ägyptenfilmen. Im Historienfilm geschieht es seltener oder weniger offensichtlich. Dort verkörpert sich das "Andere" beispielsweise im uneinsichtigen Pharao, der die Israeliten und damit diejenigen, die den (angeblich) richtigen Glauben haben, versklavt. Ob die Knechtschaft in Wirklichkeit genauso hart ausfiel, interessiert Epen wie "Die zehn Gebote" nicht, ebenso wenig wie die Frage, ob nicht auch der altägyptische Glaube akzeptiert werden sollte. Es spielt nicht einmal eine Rolle, daß viele der Zuschauer gar keine Juden sind. Vielmehr stehen die unter den Ägyptern leidenden Israeliten stellvertretend für die Kultur des Westens.

Und um den Westen geht es schließlich. Im Ägyptenfilm oder in all jenen Filmen, die Ägypten als Hintergrund für ihre Geschichte wählen, sind es die Ägypter oder verallgemeinert die Araber die allein aufgrund ihres Verhaltens, mehr noch bereits durch ihr Aussehen abgegrenzt werden von den Hauptdarstellern, die eben keine Ägypter sind (allenfalls Kinder aus Mischehen wie Evelyn in "Die Mumie" von 1999) sondern Europäer oder (weiße) Amerikaner. Natürlich umweht manche Ägypter eine geheimnisvolle Aura wie beispielsweise Ardeth Bey in den neuen Mumienfilmen von Stephen Sommers. Doch auch das Geheimnis meint etwas Unverständliches, Fremdes und damit das "Andere". Allerdings mischt sich hier die Angst mit der Sehnsucht, sei es die erotisch gefärbte Sehnsucht oder jene nach Exotik. Diese Exotik gründet allerdings immer auch auf den Defiziten des Landes Ägypten, das als wenig fortschrittlich und deutlich weniger schnell-lebig gekennzeichnet wird. Hier wird nicht schwer gearbeitet, wohl aber intrigiert, gemordet oder manchmal nur geträumt. Egal ob ein Ideal oder ein Angstbild: Von einem solchen Ägypten kann sich der Westen leichthin absetzen. Mit den Klischees, die Ägyptenfilme vorführen, wird allerdings das Land am Nil und schlechthin die gesamte arabische Welt diffamiert. Wenn man also Filme betrachtet, sollte man sich dessen stets bewußt sein.

17. Mai 2005
Christine Fößmeier


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