Eigentlich "nur" ein Teilbereich eines gigantischen Museums:
Wien: Kunsthistorisches
Museum
Ägyptische
Sammlung
Seit langem war es mir Mitte September 2003 endlich wieder einmal vergönnt, die Sammlung altägyptischer Kulturgüter im KHM zu besuchen. Und es ist immer wieder ein Erlebnis, in den abgesonderten, aber auch besonders gestalteten Flügel mit seiner hervorragenden Kollektion einzutreten. Schon allein dieser Zugang ist den Eintritt wert...
Doch zunächst einmal zu einer Enttäuschung. Derzeit nicht zu sehen, ist die Abteilung für Vor- und Frühgeschichte des Alten Ägyptens. Es wird umgebaut. Oder vielmehr: Es würde umgebaut, wenn denn die Gelder vorhanden und freigegeben wären. Doch das ist erstmal nicht der Fall.
Dennoch: Der Rest der Sammlung wiegt die Enttäuschung eigentlich auf. Schon allein das Erlebnis, Mumien sehen zu dürfen, kann einen Anhänger der Ausstellung der einbalsamierten Toten Ägyptens, nur versöhnen. Natürlich muß eine solche Ausstellungspraxis differenziert betrachtet werden. Gedankenlos darf mit "Leichen" nicht umgegangen werden, auch wenn die Menschen bereits Jahrhunderte oder Jahrtausende tot sind. Doch hinter der Skepsis gegenüber der Präsentation von Mumien verbirgt sich AUCH eine spezifisch deutsche Verklemmung. In Österreich versteht man den deutschen Standpunkt nur bedingt.
Allerdings macht die Ausstellung einiger weniger Mumien, die weitgehend von ihren Bandagen verhüllt sind, nur einen geringen Teil der Gesamtsammlung aus. Was mich in Wien noch faszinierte, waren ein Sphinx von Amenophis III., ein Uschebti(-Fragment), das seinen Sohn Echnaton zeigt, und das Fragment einer monumentalen Statue von Sethos I. Es mag übersichtlichere Museen geben, doch an einer besseren Gestaltung wird gearbeitet. Dennoch besitzt die Sammlung altägyptischer Artefakte derzeit vielleicht noch mehr Charme, als das in einer nicht ganz absehbaren Zukunft der Fall sein wird...
Mein Lieblingsmuseum? Zumindest jenes, das am nächsten liegt und eine hervorragende Sammlung besitzt:
München: Staatliches Museum Ägyptischer Kunst
Während die bereits in den Ausstellungstips erwähnten Häuser in Köln und Hamburg als Völkerkundemuseum einerseits und Kunstgewerbemuseum andererseits jeweils nur eine kleine Sammlung altägyptischer Objekte beherbergen, handelt es sich in München um ein rein "ägyptisches Museum". Zeitlich umspannt es dennoch Jahrtausende: von den Anfängen Ägyptens über die klassischen Perioden bis zur Zeit der Kopten. So unglücklich die Situation in den Räumen der Münchener Residenz vielleicht sein mag, in der Konsequenz, seit jeher nur besonders gelungene Stücke zu erwerben, ist ein großes Plus zu sehen. Und so schlecht werden diese am ungeliebten Ort gar nicht ausgestellt. Nur die Zweiteilung empfinde ich persönlich als negativ - weshalb ich auch eine Hälfte der Sammlung besser zu kennen glaube als die andere...
Was mich persönlich begeistert, ist die Menge an prädynastischen Objekten und solchen aus dem zeitlichen Umfeld der Reichseinigung. Hiermit beginnt man seinen Rundgang ohnehin (der auf unaufdringliche Weise zeitlich und thematisch geordnet ist). Seien es Negade-zeitliche Keramiken mit Bootsdarstellungen oder gar eines der extrem seltenen Bootsmodelle oder Standartenaufsätze in Falkenform, schon hiermit schlägt man die obligatorischen drei oder vier vorgeschichtlichen Gefäße der anderen, kleinen Sammlungen. Doch wie gesagt: In München geht es nicht um Quantität sondern um Qualität. Das merkt man auch zwei Räume weiter, wenn man vor einer ganzen Wand mit sog. Talatat-Blöcken aus der Zeit des "Ketzerkönigs" Echnaton steht - eine der bedeutendsten Sammlungen dieser handlichen Reliefblöcke, mit denen Echnaton seine Tempel in relativ schneller Zeit ausschmücken ließ. Nicht zu verachten sind die zum altägyptischen Totenkult gehörenden Objekte von den Särgen über die Kanopen zu den Uschebtis und Totenpapyri. Auch die noch völlig intakte Mumie eines kleinen Mädchens bleibt zu betrachten - durchaus mit Respekt und Anstand. Zudem ist hier nicht die tote Hülle eines Menschen ausgestellt sondern ein mit kunstvoll geschlungenen Mumienbinden eingehüllter und mit Mumienporträt versehener Leib. Darin zeigt sich auch der Respekt der Ägypter vor der jungen Toten und der Wunsch nach Ewigkeit über den Tod hinaus.
Es gilt so einiges zu entdecken in München, auch große Namen wie Hatschepsut, Teje oder Nofretete! Lieblingsstücke dürften schnell gefunden sein. Beachtenswert sind darüberhinaus die kleinen Ausstellungen, die meist im Zusammenwirken mit der Berliner Sammlung entstehen (die Leiter der Häuser sind verheiratet!). Zu den besten davon gehört meines Erachtens eine von 2000/2001: Am Beginn der Zeit: Ägypten in der Vor- und Frühzeit. Zugegeben, wieder einmal Reichseinigungszeit...
© Christine Fößmeier