Teil 2: Ergebnisse des Kolloquiums:

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The Scorpion King - ein Film zwischen interdisziplinärer Forschung und internationalen Marketing-Strategien

 

The Scorpion King ist ein gut gemachter, reiner Unterhaltungs- und Action-Film und sollte auch nur als solcher beurteilt werden. Daß hinter einer solch großen Produktion mehr Interessen stehen, als den einzelnen Zuschauer für 1 1/2 Stunden zu unterhalten, wurde jedoch im Laufe des Kolloquiums ebenfalls deutlich.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde der The Scorpion King zunächst einer Filmanalyse unterzogen. Dabei stellte sich heraus, daß ein Vorgehen nach starren Schemata unbefriedigende Ergebnisse erbringt. Für die Betrachtung unerläßlich ist v.a. die Zuordnung zu einem Genre. The Scorpion King ist kein Historienfilm (wobei sich herausstellte, daß auch der im Römischen Reich unter Marc Aurel und Commodus verortete Gladiator nicht diesem Genre zuzuordnen ist und paradoxerweise aufgrund seiner Gewaltszenen The Scorpion King näher steht als The Scorpion King seinem Vorgänger). Der "Ägyptenfilm" scheint weniger von einem neuen Monumentalfilm als von dem stark Martial Arts-betonten Tiger & Dragon beeinflußt und kommt zudem einer generellen Lust des Publikums an beeindruckenden Bildern und phantastischen Szenerien entgegen. Letztlich ist er allerdings am ehesten als Fantasy-Film anzusprechen, da er aufgrund der Ausstattung und auftretenden Personen zeitlich und örtlich in einem fiktiven Alten Orient angesiedelt ist. Als direktes Vorbild im Fantasy-Bereich kann Conan gelten, der ähnliche, sogar qualitätvoller ausgeführte Szenen beinhaltet (z.B. das "Nah-Tod-Erlebnis" des Helden).

The Scorpion King ist darüberhinaus als Produkt zu betrachten, das außer sich selbst eine ganze Palette von Merchandise-Produkten vom Sammelbild bis zum Computerspiel verkaufen will. Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang World Wrestling Entertainment (WWE, vormals WWF bzw. WWFE), die als Associate Producer von The Scorpion King fungierten und als Vermarkter des Films und weiterer Merchandise-Produkte auftreten.

Aufgrund mancher Anspielung stellte sich die Frage nach eventuellen historischen Bezügen der Produktion. Trotz des Schlagwortes "Vereinigung einer Nation", mit dem ein Trailer wirbt, der Wahl der Hauptperson, die als "Scorpion King" bezeichnet wird, sowie der Fortführung der Geschichte in The Mummy Returns wurden die ägyptologisch nachweisbaren Herrscher Skorpion I. und Skorpion II. in der Diskussion als überzeugendes Vorbild für die fiktive Titelfigur eher abgelehnt. Das phantastische Bild, das ein "Skorpionkönig" jedoch herauszubeschwören vermag, schien hingegen von entscheidender Wichtigkeit. - Die Teilnehmer der Veranstaltung wurden daraufhin allerdings auf die US-amerikanische Dokumentation The Real Scorpion King hingewiesen, in der nichtsdestotrotz eine Verbindung zwischen Filmfigur und einem historischen König Skorpion geknüpft wird. - Als fiktiv sind die weiteren Charaktere anzusehen. Auffällig ist aber die Assoziation der Figuren Memnon und Cassandra mit dem Kampf um Troia.

The Scorpion King schöpft insgesamt weniger aus archäologischen als aus ägyptomanen Quellen. Vor allem das 19. Jahrhundert versuchte, ein ins Phantastische übersteigertes Bild von Altägypten zu beschwören. Trotz vereinzelter späterer Beispiele hat im 20. Jahrhundert der Film diese Rolle der Kunst übernommen. Als vorläufiger Endpunkt dieser Entwicklung ist The Scorpion King anzusehen.

 

PS: Danke für die Bereitstellung der Räume und Technik durch das Institut für Ägyptologie, sowie für die technische Unterstützung durch Jens Fröbel (Compintern). Mein Dank gilt ebenfalls den Teilnehmern des Kolloquiums.

 

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© Christine Fößmeier